Wie treffen wir den richtigen Ton und welcher ist das?

Publiziert am: 13.03.2013 | Kategorie(n): Blog Schreiben im Beruf | Verschlagwortet mit:  , ,

In Geschäftsbeziehungen geht es nicht ausschließlich darum, einen Sachverhalt klar und verständlich zu transportieren. Es geht auch um die Pflege einer guten Beziehung zum Verhandlungspartner. Meine Wertschätzung desselben bringe ich schriftlich besonders mit einer Sprache zum Ausdruck, die stilvoll ist und den richtigen Ton trifft.

Was aber ist der richtige Ton und wie treffe ich ihn?

Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein hat die sogenannte stilvolle Korrespondenz in erster Linie das Prinzip der Höflichkeit geprägt. Formulierungen wie „Hochverehrter Herr“, „Ich bitte Sie aufs Höflichste“, „Hiermit erlaube ich mir“, „Ich hoffe, Ihnen hiermit gedient zu haben“ oder „Mit vorzüglicher Hochachtung“ gehörten zum guten Umgangston und waren weit verbreitet.

In der modernen Geschäftskorrespondenz sind solche Formulierungen nicht mehr üblich. Das hat zwei Gründe:

Zum einen war die Etikette der „Höflichkeit“ geprägt von gesellschaftlichen Standesunterschieden, die heute nicht mehr existieren. Die sogenannte Höflichkeit ging ursprünglich auf Verhaltens- und Benimmregeln zurück, wie sie an den königlichen Höfen herrschten. Seine eigene Unterwürfigkeit Vertretern eines höheren Standes zu demonstrieren, gehörte zum guten Ton.

Im 21. Jahrhundert orientiert sich die Gestaltung eines modernen, stilvollen Geschäftsbriefes nicht mehr an der Frage, wie sich das Verhältnis von Adressat und Empfänger standesrechtlich definiert. Das heißt aber nicht, dass Höflichkeit keine Rolle mehr spielt.

Die Höflichkeit der herkömmlichen Korrespondenz hat sich in der modernen Korrespondenz zugunsten der sogenannten Leserfreundlichkeit gewandelt. Heute gilt es als stilvoll, seinem Kommunikationspartner auf Augenhöhe zu begegnen und ihm den Respekt entgegenzubringen, den wir selbst uns wünschen. In der modernen Kommunikation machen wir uns weder künstlich klein, noch blähen wir uns auf.

Die moderne Form der „Höflichkeit“ beherrscht heute,

  1. wer seinen Leser auf Augenhöhe anspricht, d.h. weder unterwürfig (z. B. „Ich hoffe, Ihnen hiermit gedient zu haben.“) noch überheblich (z. B. „Wie Sie eigentlich wissen sollten,…“) und
  2. wer sich seinem Leser verständlich macht.

Anfang der 70-er Jahre entwickelten die Psychologen Inghard Langer, Friedemann Schulz von Thun und Reinhard Tausch das sogenannte Hamburger Verständlichkeitskonzept (Dies., „Sich verständlich ausdrücken“, München, 8. Auflage, 2006). Sie wollten objektive Kriterien für die Verständlichkeit von Texten finden. Dabei orientierte sich das Forscherteam an den Ergebnissen der Lesbarkeitsforschung, die bereits Merkmale für die Verständlichkeit von Texten formuliert hatte.

Ein Ergebnis der Forschergruppe war, dass die Verständlichkeit eines Schreibens unter umständlichen Formulierungen leidet, zu denen auch herkömmliche Höflichkeitsbezeugungen gehören. Statt klar und deutlich zu formulieren, worum es geht, vernebeln umständliche Höflichkeitsfloskeln die für den Leser wichtige Botschaft eines Schreibens. In der Regel entpuppen sie sich bei näherer Betrachtung sogar als Worthülsen, über die sich der Leser ärgert, weil sie unaufrichtig wirken, dem Leser Zeit rauben und ihn vom Wesentlichen ablenken.

Dazu drei Beispiele:

Aus: „Wir bitten Sie höflich, uns eine Kopie des Vertrages zuzusenden.“
wird heute: „Bitte schicken Sie uns eine Kopie des Vertrages zu.“
 
Aus: „Bezüglich Ihres Angebots erlauben wir uns, noch einige Fragen an Sie zu richten.“
wird heute: „Wir haben noch einige Fragen zu Ihrem Angebot.“
 
Aus: „Mit Bezug auf Ihr Schreiben vom 15.03. und der mehrfach mit Ihnen geführten Telefonate möchten wir Ihnen mitteilen, dass wir von Ihrem Angebot leider keinen Gebrauch machen.“
wird heute: „Wir haben lange überlegt und haben uns letztendlich gegen Ihr Angebot entschieden.“ 

Das mag manchem Anhänger des „höflichen“ Stils der alten Schule sehr direkt, ja unvermittelt vorkommen. Unfreundlich ist es trotzdem nicht. Im Gegenteil: Anstatt uns als Schreiber stellen wir den Empfänger in den Vordergrund des Dialogs und signalisieren ihm auf diese Weise, dass uns sein Anliegen wichtiger ist als unsere eigene Befindlichkeit. Außerdem beanspruchen wir seine Aufmerksamkeit nur so kurz wie möglich und zollen ihm und dem Wert seiner Arbeitszeit auf diese Weise Respekt.

Kurz: Den richtigen Ton trifft, wer seinen Adressaten auf Augenhöhe anspricht und sich ihm auf Anhieb verständlich macht.