Was heißt kompetent schreiben?

Publiziert am: 25.09.2012 | Kategorie(n): Blog Schreiben im Beruf | Verschlagwortet mit:  , ,

Wenige Menschen haben ein konkretes Berufsbild vor Augen, wenn ich mich als Schreibtrainerin vorstelle. Die Reaktionen meiner Gesprächspartnerinnen oder -partner können mitunter vollkommen konträr ausfallen. Die einen schauen mich erst fragend an und sagen dann: „Schreiben? Das lernt man doch in der Schule“. Die anderen blicken fast ehrfürchtig zu mir auf und bemerken anschließend: „Schreiben kann man nicht lernen. Dazu braucht man ein geniales Talent.“

Wozu also Kurse anbieten, in denen die Teilnehmenden Schreibkompetenz erwerben können? Entweder man kann schreiben oder eben nicht. Wenn ja, braucht man kein Training. Und wenn nicht, kann einem sowieso niemand helfen.

Solche Überzeugungen sind von Erfahrungen geprägt, die Menschen in der Schule, als Auszubildende und Berufstätige in Deutschland machen, wenn Sie einen Ausbildungsweg wählen, der nicht explizit zur Berufsschreiberin oder zum Berufsschreiber ausbildet wie Journalistin, Werbetexter, Theologin oder Jurist.

Ich dagegen bin davon überzeugt, dass Menschen aller Berufsbranchen Schreibkompetenzen erwerben können, die:

  1. weit über die Fähigkeiten hinausgehen, die wir in der Schule erwerben,
  2. kein geniales Schreibtalent voraussetzen und
  3. ihnen das berufliche Schreiben erleichtern.

Unter Schreibkompetenz verstehe ich zwei wesentliche Fähigkeiten, die zwar nicht zum Lernstoff allgemeinbildender Schulen gehören, aber auch nicht angeboren sein müssen, damit wir von ihnen profitieren können.

Schreibkompetent sind Sie zum einen dann, wenn Sie sich beim Schreiben auf Ihre Zielgruppe einstellen und die Regeln für adressatenorientiertes Schreiben kennen und anwenden können.

Schreibkompetent sind Sie zum anderen dann, wenn Sie wissen, dass kein druckreifer Text auf Anhieb entsteht, sondern dass Schreiben ein Prozess ist, der mit dem Verfassen unvollkommener Texte beginnt.

Ein Prozess, den Sie jedoch professionell steuern können, bis Sie mit dem Textergebnis zufrieden sind. Vorausgesetzt Sie kennen Ihr eigenes Schreibverhalten und wissen, welche Schreibtechniken und -methoden Ihnen helfen, den Schreibfluss in Gang zu bringen, aufrecht zu erhalten und bei Schreibblockaden zu reanimieren.

Als Schreibberaterin trainiere ich genau diese Fähigkeiten mit meinen Kundinnen und Kunden, weil ich davon überzeugt bin, dass wir kompetentes Schreiben nicht in der Schule lernen und keine geniale Gabe brauchen, um im Beruf kompetent zu schreiben.

Der Mut zur Unvollkommenheit ist der erste Schritt auf dem Weg zur Perfektion!