Publiziert am: 04.03.2014 | Kategorie(n): Blog Schreiben im Beruf
Die schüchternen Autorinnen und Autoren unter uns neigen dazu anzuklopfen, anstatt mit der Tür ins Haus zu fallen. Und das, obwohl wir wissen, dass jede Person, die liest, mit sich und unserem Text allein ist. Wo, wenn nicht hier, bietet sich die Gelegenheit, sofort und ungeniert zur Sache zu kommen?
Wer liest, konzentriert sich nur auf uns. Lesende haben das Recht, von uns nicht gelangweilt, sondern mitten in die Sache hineingezogen zu werden. Denn dafür sind sie schließlich hier: mit sich und unserem Text allein.
Freuen Sie sich auf eine Verabredung, der Sie jedes Wort aus der Nase ziehen müssen? Ihre höfliche Erziehung in allen Ehren. Wer sich freiwillig die Zeit zum Lesen nimmt, holt sich den Text auf den Schoß. Was meinen Sie, warum?
Sorgen Sie also dafür, dass es niemand bereut oder gar mit Ihrem Text im Arm einschläft. Klopfen Sie als Autorin oder Autor ihres Textes meinetwegen an, aber dann mit einem Trommelwirbel – und steigern Sie sich bis zum Feuerwerk! Dann dürfen Sie das nächste Mal garantiert mit der Tür ins Haus fallen.
Das gilt übrigens genauso für berufliche oder wissenschaftliche Texte. Seitenlang um den heißen Brei herum reden, bevor man zum Thema kommt, erzeugt keine Spannung, sondern Langeweile. Spannung entsteht dann, wenn wir das Thema in seiner ganzen Brisanz schildern, und zwar so konkret und anschaulich wie möglich. Auf diese Weise entsteht Neugier bei Lesenden: die Neugier nach einer Lösung für den brisant geschilderten Fall. Eine Neugier, die ihre Zielgruppe im Idealfall bis zur Auflösung des Problems bei der Stange hält. In einem Krimi warten Sie auch nicht hunderte von Seiten, bis jemand ermordet wird. Auf die Leiche müssen sie in der Regel nur wenige Seiten oder gar Sätze lang warten. Die Spannung entsteht, weil sie wissen wollen, wer die Person auf welchen Weise ins Jenseits befördert hat.
Die Aufmerksamkeit Ihrer Zielgruppe erreichen Sie nur zu Beginn. Das Ende Ihres Textes mag noch so kraftvoll, poetisch oder dringlich sein. Wenn Sie Ihre Leserschaft nicht mit dem ersten Satz fesseln, verlässt sie Sie garantiert, bevor Sie sagen konnten, worum es Ihnen geht.
Fallen Sie am Anfang Ihres Textes unbedingt mit der Tür ins Haus. Die Höflichkeiten heben Sie sich für den Abschied auf.