Schreibkultur ist Feedback-Kultur

Publiziert am: 21.10.2015 | Kategorie(n): Blog Schreiben im Beruf | Verschlagwortet mit:  , , ,

Zur Etablierung einer Schreibkultur in Unternehmen gehören für mich insbesondere drei Aspekte:

  • Abbau von Hierarchie= Kompetenz-Denken
  • Abbau von Unsicherheit / Verunsicherung der Mitarbeitenden bezüglich ihrer eigenen Schreibkompetenz
  • Aufwertung und Anerkennung von Schreibkompetenz als unternehmensprägend

Meine Erfahrungen:

In den Unternehmen, Kulturinstitutionen und Verwaltungen, die ich im Laufe meiner Berufserfahrung als Schreibberaterin kennengelernt habe, herrscht eine große Unsicherheit unter den Mitarbeitenden gegenüber selbst verfassten Texten. Viele haben einen Heidenrespekt vor dem Urteil des selbst verfassten Textes durch Vorgesetzte.

In den herkömmlichen Unternehmensstrukturen ist das Recht zur Überarbeitung von Mitarbeitertexten den Vorgesetzten vorbehalten und was sie korrigieren, das ist Gesetz. In der Regel glauben leider die meisten Vorgesetzten, dass sie besser schreiben als ihre Mitarbeiter. Zu konstruktiven Gesprächen über das Geschriebene kommt es sehr selten.

Bei den meisten Mitarbeitenden führt dieser Umgang mit ihren Texten zu Frust, weil sie viel Zeit und Mühe in ihre Schriftstücke stecken. Vorgesetzte korrigieren diese in der Regel kommentarlos, so dass ihre Fachkräfte das Gefühl entwickeln, „ich kann eben nicht schreiben“ oder „meine Chefin weiß eh immer alles besser“.

Beide Überzeugungen stimmen nicht. So jedenfalls meine Erfahrung. Auch wenn sich manche Vorgesetzte vielleicht gewandter ausdrücken können, kennt die Fachkraft den einzelnen Sachverhalt bzw. das Verfahren genauer, über das sie schreiben soll. Nicht selten schreiben ältere Vorgesetzte außerdem in einem Amtsdeutsch- oder Obrigkeitsstil, der in der modernen Kommunikation gar nicht mehr gefragt ist.

Ich bin mir sicher, dass alle Beteiligten ihre Formulierungsfragen in etablierten Feedbackgesprächen problemlos klären könnten und sich der angestaute Frust über die eigenen Texte verlieren würde. Diese finden aber nicht statt.

Deshalb bin ich der Überzeugung, dass es bei der Etablierung einer echten Schreibkultur in Unternehmen darum geht, eine Feedback-Kultur zu entwickeln. Alle Mitarbeitenden des Unternehmens müssen lernen, dass jeder Text als Text des Unternehmens entsteht. Keine Autorin und kein Autor sollte für die Qualität seiner Texte alleine verantwortlich sein. Ein guter Text ist das Ergebnis eines eingespielten Schreib-Teams.

Die Qualität eines Textes steigt mit der Anzahl der Köpfe, die sich mit ihm auseinandergesetzt haben. Es geht nicht um die Frage, wer die besten Texte schreibt, sondern um das Bewusstsein, dass die besten Texte in offener Zusammenarbeit entstehen.

Eine solche Zusammenarbeit führt, davon bin ich überzeugt,:

  1. Zum Abbau von Hierarchie = Kompetenz-Denken
  2. Zur Förderung eines selbstbewussteren Umgangs mit Schreibaufgaben bei den Mitarbeitenden
  3. Zur Aufwertung von Schreibkompetenz als unternehmenstützendes „Skill“